Fascia renalis: Die Beschreibung des faszialen Situs in der anatomischen Literatur und seine Darstellung im Präparat

Schwerdtner H.P., Watzl H.

Hintergrund: Die morphologischen Beschreibungen der Fascia renalis sind sehr unterschiedlich und weichen mitunter auch in den anatomischen Lehrbüchern sehr voneinander ab oder werden kontrovers diskutiert. Andererseits kann nur eine exakte Kenntnis der Anatomie Grundlage der osteopathischen Medizin sein, wie dies A.T. Still in seinen Schriften immer wieder betonte.

Fragestellung: Mit unserer Grundlagenstudie sollte die Frage geklärt werden, wie der fasziale Nierensitus in der anatomischen Literatur beschrieben wird und wie sich dieser im anatomischen Präparat darstellt.

Material/Methoden: Mittels einer Literaturrecherche wurde untersucht, wie die Fascia renalis anatomisch und osteopathisch beschrieben wird. Dabei wurden antiquarische und zeitgenössische anatomische Fachbücher, die osteopathische Literatur und die medizinische Datenbank Medline durchsucht. Im nächsten Schritt wurde präparatorisch an 6 Leichen untersucht, wie sich die Fascia renalis im Situs darstellt.

Ergebnisse: Der inferiore Abschluss des perirenalen Raumes wird „von kaudal offen bis kaudal geschlossen“ bezeichnet. Unsere Ergebnisse zeigten bei allen Präparaten eine medio-kaudale offene Version. Die Anheftungen der Fascia retrorenalis an den dorsal gelegenen Muskeln und -faszien wird unterschiedlich beschrieben, teilweise „von locker angelegt bis fest verwachsen“. Unsere Ergebnisse lassen eine relativ feste Anheftung der Fascia retrorenalis an der Muskelfaszie des M. quadratus lumborum und des M.psoas maior erkennen. Die kontrovers diskutierte mediale Ausdehnung der Fascia praerenalis konnte nicht in allen Details abgeklärt werden. Die inferiore Ausdehnung der Fascia renalis zeigte sich unterschiedlich und ließ sich teilweise anders darstellen, als anatomisch beschrieben. Die Faszienblätter ließen sich bei einzelnen Präparaten bis tief in die Rinne zwischen M. psoas und M.iliacus präparieren und sogar bei einem Präparat bis zur Lacuna musculorum verfolgen.

Fazit (conclusions): In heutigen anatomischen Lehrbüchern wird häufig ein unvollständiges Bild der Nierenfaszien dargestellt. Für uns war es erstaunlich, wie viel Kenntnis über die retro-peritonealen Fasziensysteme von den alten Anatomen schon beschrieben wurde und wie wenig in den heutigen Lehrbüchern noch berücksichtigt wird. Es ist zu empfehlen für eine angemessene Diagnostik und Therapie die anatomischen Gegebenheiten am Präparat zu erfahren, um ein tieferes Verständnis für Strukturen und Strukturverhältnisse zu erlangen. Die Fortführung anatomischer Präparationen im Nierenbereich sollte unter speziellen Fragestellungen und mit den hierzu notwendigen Präparationsmethoden angestrebt werden.